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„Aus dem Feindesland die besten Grüße!“ – Feldpostkarten: das wichtigste Kommunikationsmittel im Ersten Weltkrieg 

Ein Vorab-Interview mit Stadtarchivar Ingo Donnhauser zur Ausstellung von Feldpostkarten von Waldshuter Soldaten im Ersten Weltkrieg (1914 - 1918) im Museum Alte Metzig.

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Stattsofa: Im Ersten Weltkrieg war die Feldpost das wichtigste Kommunikationsmittel zwischen Front und Heimat. Warum?

Ingo Donnhauser: Das Verschicken von Postkarten war damals eine relativ schnelle Art der Kommunikation. Die Versendung der Post an die Front und zurück mit Zügen verlief in der Regel reibungslos.

 

Stattsofa: In den Kriegsjahren von 1914-1918 wurden annähernd 30 Milliarden Feldpostsendungen befördert. Wie kam die Stadt Waldshut-Tiengen an die beachtliche Summe von nahezu 1000 Feldpostkarten?

Ingo Donnhauser: Die wirklich sehr umfangreiche Sammlung von 986 Postkarten war ursprünglich im Privatbesitz von Pfarrer Josef Bieser (1873-1946), der die Karten von den Soldaten aus der katholischen Pfarrgemeinde Waldshut, wozu auch Eschbach gehörte, von der Front erhielt. Er sammelte sie in Alben, und Lücken lassen vermuten, dass es ursprünglich sogar noch viel mehr gab. Die Sammlung von Pfarrer Bieser lag lange im Archiv der katholischen Pfarrei in Waldshut. Auf Initiative des früheren Betreuers dieses Archivs, Dominik Rimmele, wurde sie im Jahr 2019 an das Stadtarchiv Waldshut-Tiengen übergeben, da sie einen großen Wert für die Stadtgeschichte hat.

 

Stattsofa: Wie kein ein anderes visuelles Medium prägten die Ansichtskarten die bildliche Wahrnehmung des Ersten Weltkrieges. Es waren deshalb vor allem die Postkartenmotive, die den Daheimgebliebenen eine Vorstellung von den Ereignissen an der Front vermittelten. Was ist auf den Postkarten der Waldshuter Soldaten zu sehen?

Ingo Donnhauser: Fast 250 Karten zeigen Fotos von den Soldaten selbst. Diese Fotokarten sind das eigentliche Herzstück der Sammlung, sie geben den Namen ein Gesicht. Wer sich die Ausstellung anschaut, entdeckt vielleicht Vorfahren auf den Fotokarten. Es ist spannend zu sehen, wie unterschiedlich sich die Männer dargestellt haben. Manche als „Kriegsheld“, andere ließen sich als Verwundete im Lazarett fotografieren. Es gibt aber auch Bilder direkt aus den Schützengräben, Fotografien von zerbombten Landschaften und zerstörten Gebäuden, die den Schrecken des Krieges zeigen.

 

Stattsofa: Was haben die Soldaten ihrem Pfarrer Bieser in den Postkarten geschrieben?

Ingo Donnhauser: Die Soldaten hatten eine persönliche Bindung zu ihrem Pfarrer, der sie täglich mit Tageszeitungen versorgte und ihnen besonders zu Festtagen Geschenke wie Bücher, Tabak oder religiöse Gegenstände zusendete. Daher wollten sie ihn regelmäßig an ihrem Kriegsalltag durch die Feldpostkarten teilhaben lassen. Auf den ersten Blick wirken die Texte, die sie ihm geschrieben haben, lapidar, da die Postkarten eine Zensur durchliefen. Zwischen den Zeilen wird jedoch deutlich, dass sich die Soldaten nach einem Ende des Krieges sehnten und nach Hause zurückkehren wollten.

 

Stattsofa: Aus welchen Kriegsschauplätzen wurden die Feldpostkarten verschickt?

Ingo Donnhauser: Die Postkarten haben die Soldaten aus allen wichtigen Kriegsgebieten an Pfarrer Bieser verschickt: vor allem aus Nordfrankreich, aber zum Beispiel auch aus Belgien, dem heutigen Polen, dem Baltikum und der Ukraine.

 

Stattsofa: Was passiert nach der Ausstellung mit den Postkarten? Können sich Interessierte die Karten auch nach Ende der Ausstellung anschauen?

Ingo Donnhauser: Wir haben die Ausstellung organisiert, um der Öffentlichkeit die Feldpostkarten zu zeigen und den Appetit auf weitere Archivalien wie Unterlagen zum Lebensalltag der Waldshuter Einwohner während des Ersten Weltkriegs anzuregen. Alle Feldpostkarten wurden eingescannt und verzeichnet. Wer sich also für bestimmte Personen oder Themen interessiert, kann sich die Postkarten im Archiv nach Ende der Ausstellung in Ruhe anschauen.

 

Über die Ausstellung

Die Ausstellung „Aus dem Feindesland die besten Grüße! Feldpostkarten: Waldshuter Soldaten im Ersten Weltkrieg“ läuft vom 10. Oktober 2024 bis 23. Februar 2025 im Museum Alte Metzig, Waldshut-Tiengen. Öffnungszeiten sind Sonntags 14 – 17 Uhr (außer 29. Dezember und 5. Januar), die Eröffnung ist am Donnerstag, 10. Oktober 2024 um 19 Uhr.

Sie findet statt in Kooperation mit dem Förderverein Museum Alte Metzig.

 

Fragen und Foto: Layla Nieden, Mitarbeiterin im Kulturamt der Stadt Waldshut-Tiengen

StadtArchiv waldshut-Tiengen

Ingo Donnhauser

Stadtarchivar

Telefon +497751833197

Email: idonnhauser@waldshut-tiengen.de