Harmonie statt Krieg
Der Orchesterverein Bad Säckingen gibt am 20.10.2024 sein nächstes Konzert in der Heilig Kreuz-Kirche (17 Uhr). Der Titel lautet ,,Konzert für den Frieden“. Stattsofa sprach dazu mit Klaus Kunzmann, dem Dirigenten, und Christine Friedlmeier, der Vorsitzenden des Orchestervereins.
Stattsofa: Herr Kunzmann, Sie planen mit dem Orchesterverein ein Konzert für den Frieden. Haben die aktuellen Konflikte in der Ukraine und im Nahen Osten Sie dazu bewegt, dieses Thema zu wählen?
Klaus Kunzmann: Der Gedanke kam mir, als ich kurz nach Beginn von Putins furchtbarem Bombardement der Ukraine das Stück „Melody“ des ukrainischen Komponisten Myroslav Skoryk kennenlernte. Skoryk studierte einige Jahre zuvor an der Moskauer Musikhochschule in Russland, bevor er an der ukrainischen Musikhochschule in Kiew selbst zum Lehrer wurde. Und nun führen wir bei unserem Konzert ein Stück von Skoryk auf. Außerdem spielen wir ein Stück von Boccherini und eine Uraufführung des Cellokonzerts von Martin Angell, bei dem er selbst als Solist spielen wird, sowie ein Stück von Tschaikowsky, das in Russland entstanden ist. Putin versucht, ein Land über Kindesentführungen und Bomben auszulöschen, jedoch ist die Ukraine über ihre Musik und ihre geschichtliche Kultur unsterblich! Als Christ sage ich: Niemand hat das Recht, andere Menschen oder gar ein ganzes Volk umzubringen! Aus diesen Gedanken entstand mit vielen tollen Menschen dieses Programm.
Stattsofa: Welche Rolle spielt Orchestermusik beim Thema Frieden und wie können Sie als Orchester zum Frieden beitragen?
Klaus Kunzmann: Ein Orchester sind immer viele Menschen, die zusammenwirken. Jeder ist ein Individuum, das aber seine Individualität beim gemeinsamen Musizieren der großen Musik und dem ganzen Team unterordnet. Auch beim Auf- und Abbau der Bühne und der Bestuhlung geht’s nur gemeinsam. Jeder hat seine Aufgabe und es klappt nur im friedlichen Team. Und ich sage immer: Wer ein Musikinstrument in der Hand hält, hat in der Hand keinen Platz mehr für eine Waffe. Also ein aktiver Friedensdienst. Ganz nach dem Motto: Make Music, not War!
Stattsofa: Frau Friedlmeier, worauf können wir uns beim Konzert für den Frieden freuen?
Christine Friedlmeier: Auf die Wirkung der Musik, auf die Gegensätze und das Miteinander, auf Höhepunkte und Entspannung und auf eine Stunde ohne Stress! Sie haben die Gelegenheit neue Menschen kennenzulernen, Bekannte wiederzutreffen und beim Zuhören die Gedanken schweifen zu lassen.
Stattsofa: Welche Projekte planen Sie als Orchester für die Zukunft? Haben Sie wieder ein großes gesellschaftliches Thema im Blick?
Christine Friedlmeier: Wir haben für Oktober 2025 eine Koproduktion mit dem Obersäckinger Chor „Chorioso“ unter der neuen Chorleiterin Felicitas Kiefer angestoßen. Wir sind sehr gespannt, was daraus entsteht. Ins Auge gefasst haben wir Chorwerke mit Orchesterbegleitung des norwegischen Komponisten Ola Gjeilo, sehr spannende, klangvolle Musik.
Stattsofa: Vielen Vereinen in der Region fällt die Nachwuchsgewinnung schwer. Wie steht es um Ihre aktuelle Besetzung und was ist das Schöne daran, in einem Orchester gemeinsam Musik zu machen?
Christine Friedlmeier: Das ist bei klassischen Instrumentalbesetzungen nicht anders, und nach Corona besonders schwer. Mal sehen, wie lange wir noch als Ensemble existieren und musizieren können. Zum Glück gibt es jedes Jahr unverhoffte Zugänge. Oft finden die Leute erst nach ihrer Familienphase oder beruflichen Laufbahn wieder die Zeit, sich einem Ensemble anzuschließen. Besondere Glücksfälle sind natürlich Musiker und Musikerinnen, die nach Bad Säckingen oder Umgebung ziehen und dann bei uns landen. So haben wir seit zwölf Jahren Martin Angell aus Südengland in unseren Reihen, der mit uns seine Kompositionen uraufführt. Seit diesem Monat ist auch Paul Simmonds mit seinem Kontrabass unserem Orchesterverein beigetreten.
Mut macht uns die Kooperation mit der Musikschule Bad Säckingen, die in diesem Jahr fortgesetzt werden soll. Dann treffen sich auch junge Leute mit dem altehrwürdigen Orchesterverein und vielleicht entsteht eine Verbindung, die bleibt. Einige Musiker und Musikerinnen verstärken unser kleines Ensemble bei den Konzerten, aber wegen Beruf oder Familie können sie nicht regelmäßig zu den Proben kommen.
Das Schöne am Orchestermusizieren ist die freundschaftliche, teils lustige, generationenübergreifende Geselligkeit und das gemeinsame Erarbeiten von schöner Musik. Im Sport sind Mannschaftssportarten auch viel lustiger als Individualsport.
Stattsofa: Zum Schluss die Frage, wie Sie innerhalb des Orchesters ein harmonisches Klanggefüge herstellen und die unterschiedlichen Spielniveaus zusammenführen?
Christine Friedlmeier: Zunächst ist das eine Frage des technischen Schwierigkeitsgrades der Stücke, die wir proben und aufführen. Alle sollten die Stücke technisch spielen können, sonst macht's ja auch keinen Spaß. Der Dirigent muss dann in der Lage sein, Hilfestellung zu geben oder einzelne Stellen so zu vereinfachen, dass alle sie beherrschen können. Die einzelnen Register treffen sich ab und zu auch außerhalb der Probe zu Stimmproben und erarbeiten gemeinsam einzelne Problemstellen. Für unsere Mitglieder gehört das gemeinsame Musizieren immer schon zum Leben dazu. Wer in seiner Kindheit und Jugend mit Leidenschaft musiziert hat, tut dies im Erwachsenenalter ja immer noch gerne. Die gemeinsamen Proben machen einfach Spaß, auch weil unser Dirigent Klaus Kunzmann stets den richtigen Ton trifft und zur rechten Zeit seine Späße auf Lager hat. Zusätzlich werden wir von Martin Angell als Co-Dirigenten unterstützt und wir können ganzjährig proben.
Übrigens: Wir begrüßen sehr gerne neugierig gewordene Streicher und Streicherinnen in unserem Probelokal, dem Musiksaal in der Werner-Kirchhofer-Realschule in Bad Säckingen. Wir treffen uns jeden Montag (außer in den Schulferien) von 18.30 bis 20.30 Uhr.
Für mehr Infos eine E-Mail schreiben an: c.friedlmeier@online.de
Fragen: Wolfgang Wiese: Fotos: Orchesterverein Bad Säckingen, Christine Friedlmeier