Die selige Buntheit der Welt
Siegfried Picks Buch zeigt Parallelen im Leben von Hermann Hesse und dem seines Großvaters Hermann Gundert. Letzterer ist bis heute als Sprachforscher und Indologe in Südindien geschätzt. Sein Enkel Hermann Hesse lernte durch ihn schon früh indische Gedankenwelten kennen. In der Buchvorstellung am 28. Januar 2024 wird diese interessante Konstellation beleuchtet.
Stattsofa: Die Lebenswege von Großvater Gundert und seinem Enkel Hesse sind sehr unterschiedlich. Wo finden Sie Parallelen?
Siegfried Pick: Beispielsweise in der Kindheit und Jugend haben sich beide zeitweilig den Wünschen ihrer frommen Elternhäuser entzogen. Beide beschlossen auch schon als Jugendliche „Dichter zu werden“, was letztlich aber nur der Enkel realisiert hat.
Stattsofa: Was war Hermann Gunderts Lebenswerk?
Siegfried Pick: Er wirkte als Lehrer und Missionar in Südindien. Dort entwickelte er das im Bundesstaat Kerala gesprochene Malayalam zu einer eigenständigen Sprache mit fundierter Grammatik. Er ist den Keralesen heute als Linguist, Historiker und Folklorist in Erinnerung. Gundert war ein Sprachgenie. Er beherrschte über 20 Sprachen.
Stattsofa: Gibt es weitere Ähnlichkeiten zwischen Großvater und Enkel?
Siegfried Pick: Was sie verband, liegt in der Grundhaltung zum Leben selbst: ihr weltoffenes, mit Neugier allen Kulturen gegenüber gezeigtes Verhalten. In ihrem Denken und Handeln, in ihrem Ringen um Erkenntnis und Wahrheit lassen sich erstaunliche Parallelen aufweisen.
Siegfried Pick mit seinen Buch " Die selige Buntheit der Welt".
Stattsofa: Annäherung an fernöstliche Weisheiten und Lebenshaltungen zeigt sich auch in Hermann Hesses Werk.
Siegfried Pick: Blickt man auf „Siddhartha“, so springt die Bedeutung Gunderts ins Auge, der einen entscheidenden Einfluss auf die Entwicklung des jungen Hermann Hesse ausübte. Hesses universale Spiritualität manifestiert sich in diesem „Kultbuch“. Der Dichter bewunderte seinen Großvater und setzte ihm literarisch Denkmäler. Er beschrieb das Nachwirken von Gundert auch in anderen Werken und in vielen seiner Briefe.
Stattsofa: Woher stammt das Zitat, das den Buchtitel bildet?
Siegfried Pick: Es ist ein Zitat aus einer weiteren Erzählung Hesses, aus dem „Kurgast“, in welchem der Kern seines Strebens deutlich wird. Mehr denn je sind seine Ideen gegenwärtig und bleiben eine Inspirationsquelle. Lesungen aus dem Werk von Hermann Hesse werden unsere Buchvorstellung daher ergänzen.
Stattsofa: Dann wird die kommende Veranstaltung mehrere Facetten und ihre eigene Buntheit haben!
Fragen und Foto: Dr. Sylvia Vetter