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Von Fernweh und Heimweh

Seit Jahren organisiert der Schwarzwaldverein Stühlingen in der Schür am Stadtgraben aufsehenerregende Ausstellungen. Am 17. März 2023 startet „Von Fernweh und Heimweh“. Stattsofa wollte wissen, was sich hinter diesem anregenden Titel verbirgt und hat die Vorsitzende für Heimatpflege Jutta Binner-Schwarz befragt.

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Stattsofa: Wie ist es Ihnen gelungen, doch eher abstrakte Gefühle wie Fernweh und Heimweh für eine Ausstellung einzufangen?

Jutta Binner-Schwarz: Das Fernweh belegen große und kleine Souvenirs aus 55 Ländern, die den Weg in die Schür gefunden haben. Originelles und Banales, funkelnde Schönheiten und abgenutzte Lieblinge wetteifern um Aufmerksamkeit. 
Es ist noch nicht lange her, dass die in Ostdeutschland Lebenden sich ihr Fernweh nur eingeschränkt erfüllen konnten. Trotzdem bestiegen vor allem Jungen bis 1975 mit Hilfe der „Digedags“ fliegende Teppiche und träumten sich ins Morgenland. Dabei halfen nicht nur die kultigen Mosaik-Comics, sondern auch die bekannten Lichter-Türken, die schon im 19. Jahrhundert in den Räuchermänner-Werkstätten des Erzgebirges angekommen waren. Matthias Sochor, bekannter Sammler erzgebirgischer Preziosen, zeigt bei uns eine prachtvolle  Auswahl aus diesem Genre.
Thematisiert wird auch das Unterwegssein. Was erhoffen und erleben die Menschen, die sich zum Beispiel auf den Jakobsweg begeben?

Kunst aus dem Erzgebirge: Das Motiv des Lichter-Türken war dort schon im 19. Jahrhundert beliebt.

Stattsofa: Souvenirs und Andenken habe ich als Magnete am Kühlschrank. Was gibt es in der der Schür am Stadtgraben zu sehen, das man nicht schon bei sich selbst daheim findet?

Jutta Binner-Schwarz: Vieles! Haben Sie den Schminkkasten einer Geisha zuhause oder den kunstvoll geschnitzten Hering eines Beduinenzelts? Ich nicht… Das Publikum erwartet ein Kaleidoskop an Eindrücken aus aller Welt. Die Exponate stehen, in der Regel unkommentiert, nebeneinander. Die unterschiedlichen Kulturen und Traditionen begegnen sich unvoreingenommen. Wir haben versucht, alle Leihgaben wertschätzend auszustellen.

Jutta Binner-Schwarz: „Wir haben versucht, alle Leihgaben wertschätzend auszustellen.“

Stattsofa: Den meisten Menschen sind Fernweh oder Heimweh bekannt, gleichzeitig scheint das jede Person auf ihre eigene Art zu spüren. Es fällt schwer, sein eigenes Heimweh zu vermitteln. Was macht diese Sehnsucht denn eigentlich aus?

Jutta Binner-Schwarz: Das muss zunächst jeder für sich selbst beantworten. In der Ausstellung spüren wir dem nach mit Menschen, die Stühlingen aus unterschiedlichen Gründen verlassen haben, um in einem anderen Land zu leben. Sie alle fühlen sich an ihrem jetzigen Lebensmittelpunkt sehr wohl. Trotzdem kennen sie Heimweh. Hier sind Erinnerungen im Spiel: Die Sehnsucht nach dem weiten Blick vom Schlossberg aus bis zu den Alpen, das Grün der heimischen Wälder, die regionalen Genüsse, die Muttersprache und natürlich die weit entfernt lebende Familie machen ihnen ab und an das Herz schwer.

Fliegender Teppich inklusive: Die Besucher erwartet ein Kaleidoskop an Eindrücken aus aller Welt.

Stattsofa: Eine Besonderheit der Ausstellungen des Schwarzwaldvereins Stühlingen ist, dass die Stühlinger Bevölkerung zur Beteiligung mit eigenen Objekten aufgerufen wird. War das auch diesmal so?

Jutta Binner-Schwarz: Ja! Die Resonanz war überwältigend und kam aus der ganzen Region. Es ist erstaunlich, welche „Schätze“ zuhause gehortet werden und nun den Weg zu uns gefunden haben. Sie ersetzen fast den Weg in weit entfernte Museen der Kulturen. Außerdem durften wir auf zwei Sequenzen „Auswanderung im 19. Jahrhundert“ zurückgreifen, die der Verein für Heimatkunde Schleitheim recherchiert und gestaltet hat. Dafür kam ein ganz spezielles Tier aus der Schweiz über die Wutach.

Fragen: Eduardo Hilpert. Fotos: Schwarzwaldverein Stühlingen.